2011-2012: Ethische Bewertung von Militär-Einsatzen

Thema der AG „Frieden wagen“ auf der Herbsttagung des dbv 2011 war die Friedensdenkschrift der EKD aus dem Jahr 2007 mit dem Titel „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“: Wann und unter welchen Umständen würde ein gerechter Frieden möglich - unter welchen Umständen könnte ein militärischer Einsatz gerechtfertigt sein? Die Denkschrift nennt Kriterien, die erfüllt sein müssten, wenn und damit eine militärische Intervention legitim beziehungsweise ethisch gerechtfertigt sei.

Unsere Diskussion konzentrierte sich auf die Fragen anhand praktischer Fälle, also anhand von Einsätzen der Bundeswehr im Ausland aus jüngster Zeit. Wenn man sie nicht in einem höheren pazifistischen Maß erweitert (was ja auch nach der Bibel möglich sein könnte), sondern als praxisbezogenes und hinlänglich scharfes Mittel der Unterscheidung akzeptiert, sind diese Kriterien zunächst klar. Wenn man - wie in unserer Diskussion - ernsthaft an die Überprüfung der Verhältnisse geht, haben Ziele und Maßnahmen der Einsätze der Bundeswehr allerdings keine eindeutige ethische Rechtfertigung nach der Denkschrift der EKD. Besonders das Beispiel der zehnjährigen Erfahrungen in Afghanistan brachte unter den Anwesenden erhebliche Zweifel zur Sprache, ob diese politischen Entscheidungen und die daraus abgeleiteten militärischen Konsequenzen sich nach der Position der Kirche rechtfertigen lassen.

Im Jahre 2010 waren auch Vertreter der EKD von derartigen Zweifeln geplagt. Auf dem Ökumenischen Kirchentag hatte im Mai Militärbischof Dutzmann in einer Diskussion erklärt, die Antwort nach der ethischen Begründung gemäß der Friedensdenkschrift sei „schrecklich kompliziert“, man könne nicht einfach die dort genannten Kriterien abhaken. Diese Haltung entsprach in etwa dem Kirchenwort von Anfang des Jahres anlässlich der Londoner Afghanistankonferenz, der Militäreinsatz in Afghanistan könne nicht „eindeutig gebilligt oder abgelehnt“ werden. In einem ähnlichen Sinne hatte sich eine kleine EKD-Delegation unter Leitung des Ratsvorsitzenden Präses Schneider nach einem Pastoralbesuch vor Ort geäußert, der Einsatz sei wohl „hinnehmbar“, es gäbe aber Situationen, in denen man Gewalt nur mit Gewalt widerstehen könne und demnach mache man sich „durch Unterlassen genauso schuldig wie durch Handeln“.

Schließlich kreiste die Diskussion darum, was die Kriterien der Friedensdenkschrift auch im Kontext anderer Formulierungen bedeuten könnten. Das Wort von den kriegsähnlichen Verhältnissen kam auf, das die Politik zur Beschreibung der Realität für die Soldaten der Bundeswehr benutzte. Damit schien deutlich, dass der ehemals so benannte Friedensauftrag und Friedenseinsatz sich verändert hatte oder eben kein Friedenseinsatz wäre. Zur Lösung dieser offenen und insofern unbefriedigenden Lage kam der Gedanke auf, die beiden Repräsentanten der EKD, die sich erkennbar bereits persönlich mit dem Problem der Friedenethik dieses Einsatzes beschäftigt und dazu Stellung bezogen hatten, anzuschreiben und um weiterführende klärende Auskunft zu ersuchen.


In Gemeinschaftsarbeit entstand ein kurzer Brief an den Ratsvorsitzenden der EKD und an den Militärbischof (Brief vom 24.9.2011)

Erinnerungsschreiben vom 20.2.2012

Antwortschreiben des Militärbischofs vom 29.2.2012 mit Anlagen:

  • Anlage 1: Stellungnahme des Evangelischen Militärbischofs zu den Unruhen in Lybien
  • Anlage 2: Stellungnahme der Ratsvorsitzenden, des stellvertretenden Ratsvorsitzenden, des Friedensbeauftragten und des Militärbischofs vom 25. Jan. 2010

Nach der Pastoralreise im Februar 2011

  • Anlage 3: Presseerklärung des Ratsvorsitzenden
  • Anlage 4: Presseerklärung des Friedensbeauftragten
  • Anlage 5: Presseerklärung des Militärbischofs

Kontaktadresse: Dr. Detlef Bald, Auenstr. 12, 80469 München