Heft 22
Europäische Kirchen im Vergleich
Inhalt
Impressum
Editorial
Programm
Akademietagung „Europäische Kirchen im Vergleich“
Referate
Jörg Fingerle:
Orte der Gewißssheit – Die zivilgesellschaftliche Bedeutung der Kirchentheorie Dietrich Bonhoeffers
Henning Boecker:
Die Stellung der Kirchen in einem künftigen Europa
Situationsberichte
Großbritannien: Geoffrey H. Roper
Churches Together
Italien: Giorgio Bouchard
Die Waldenserkirche
Niederlande: Karel Blei
Das Erbe der Kalvinisten
Polen: Maciej Lis/Andrzjei Hauptmann
Klein – aber nicht allein
Tschechien: Ladislav Benes
Lösung vom Staat
Projektvorstellungen
Verein zur Umwidmung von Kirchensteuern e.V.:
Mit Kirchensteuern Kirchen steuern
dbv:
Netzwerk für eine Kultur- und Sozialsteuer
KAIROS Europa, Deutschland e.V.:
Die richtige Zeit für das Fällen richtiger Entscheidungen
Predigt
Karl Martin:
Spiritualität und Weltverantwortung
Resolutionen
Resolution Nr. 26: Auf dem Weg zu einer „Gemeindekirche“
Resolution Nr. 27: Denkfigur „ultima ratio“ für christliches Friedensverständnis ungeeignet
Stellungnahmen
Pressespiegel
Rückantwort
„Netzwerk für eine Kultur- und Sozialsteuer“
Namensverzeichnis
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
die Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland befinden sich in einem tiefgreifenden Veränderungsprozeß. Das überkommene Staatskirchenrecht verliert zunehmend an Plausibilität. Die Menschen denken anders und verhalten sich anders, als es die kirchlichen Strukturen voraussetzen. Eine solche Spannung zwischen den rechtlichen Normen und den gesellschaftlichen Realitäten bedroht auf Dauer die Funktionalität einer Institution. Die von einigen gehegte Hoffnung, irgendwann werde sich die gesellschaftliche Realität wieder in die alte Wunschwelt zurückverwandeln, wird sich nicht erfüllen. Wer nur am Status quo festhält, beraubt sich der Chance, auf die Entwicklungen einzugehen und sie konstruktiv mitzugestalten.
Seit Jahren wird im Dietrich-Bonhoeffer-Verein (dbv) die Frage gestellt, wie die Kirchen auf die gesellschaftlichen Herausforderungen angemessen reagieren können und auf welche Gestalt hin sie ihre eigenen Strukturen verändern sollten. Dabei sind mehrere Anforderungen gleichzeitig zu beachten:
- Neue Strukturen müssen dem theologischen Selbstverständnis der jeweiligen Kirche entsprechen. Gemäß der theologischen Erklärung von Barmen gilt der Auftrag, als Leib Christi erkennbar zu sein, für das gesamte Leben und also auch für die Ordnung der Kirche.
- Neue Strukturen müssen zwischen den verschiedenen Kirchen und Konfessionen so weit vermittelbar sein, daß von einer ökumenischen Vergleichbarkeit und Durchlässigkeit gesprochen werden kann. Dem Staat wird verständlicherweise an einer möglichst weitgehenden Gleichbehandlung der Kirchen und Konfessionen gelegen sein.
- Neue Strukturen müssen stärker als bisher die Persönlichkeitsrechte der Selbstbestimmung und der Religionsfreiheit umsetzen. Erst dann kann sich in der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung eine breitere Akzeptanz entwickeln, so daß die Kommunikations- und Interaktionsprozesse zwischen Kirche und Gesellschaft gefördert werden.
- Neue Strukturen müssen die Rahmenbedingungen eines zusammenwachsenden Europas beachten und die Herausbildung von konfessionellen und ökumenischen Identitäten auf europäischer Ebene mit den dazugehörigen Formen der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Außenvertretung anstreben.
Um auszuloten, wie sich die Situation für die Kirchen in den europäischen Nachbarländern darstellt und welche Möglichkeiten des Dialogs, des Erfahrungsaustausches und der gegenseitigen Abstimmung es gibt, stellte der dbv seine Jahrestagung vom 22. bis 24. Mai 1998 in der Evangelischen Akademie Hofgeismar unter das Thema: „Europäische Kirchen im Vergleich – Entwicklungstendenzen im Gemeindeverständnis und in den Reformperspektiven“. Mit der vorliegenden Ausgabe der Zeitschrift „Verantwortung“ werden die Referate, Situationsberichte und Projektvorstellungen, die Predigt des Tagungsgottesdienstes sowie die Resolutionen aus der Mitgliederversammlung des Dietrich-Bonhoeffer-Vereins, mit der die Tagung abgeschlossen wurde, allgemein zugänglich gemacht und zur Diskussion gestellt. Die Resolutionen zu den Stichworten „Gemeindekirche“ und „christliches Friedensverständnis“ geben Diskussionsergebnisse wieder. Das Thema Kirchenfinanzierung durch die Kirchensteuer bzw. durch eine Kultur- und Sozialsteuer spielte auf der Tagung eine wichtige Rolle. Der dbv wird es weiterbearbeiten. Wir laden ein, sich dem „Netzwerk für eine Kultur- und Sozialsteuer“ anzuschließen. Das entsprechende Schreiben von Dipl.- Päd. Hans-Joachim Stabenau ist abgedruckt.
Ein besonderer Dank gilt der Geschäftsführerin der Martin-Niemöller-Stiftung Claudia Sievers, die den Satz und das Layout besorgte. Ihr Engagement und ihre sachkundige Detailarbeit wurden von dem gesamten Redaktionsteam als eine große Hilfe und Bereicherung empfunden. Nicht unerwähnt bleiben soll, daß wir für die künftige Redaktionsarbeit dringend weitere MitarbeiterInnen suchen. Interessenten werden gebeten, sich an die Herausgeberadresse zu wenden.
gez. Ihr Karl Martin
Dr. Karl Martin
Wiesbaden-Sonnenberg