Heft 66

Bonhoeffer liegt nicht hinter, sondern vor uns

Cover Heft 66

Inhalt

I. Rückblick

Beate Schutte
Dietrich Bonhoeffer – Christ in schwerer Zeit                                                     

II. Einblick in die Tagung „Bonhoeffers Glaube und wir heute“

Kurt Kreibohm
„Bonhoeffer liegt nicht hinter, sondern vor uns!“                                           

Bernd Vogel
„Was glauben wir wirklich? d. h. so, daß wir mit unserem Leben daran hängen? Problem des Apostolikum? …“                                                 

Friederike Barth
Bonhoeffers Ethik, die Verantwortung des Einzelnen und das politische Mandat der Kirche                                                                                                 

III. Rück-, Ein- und Ausblicke

Arnold Spitta
(Elisabeth) Isabel Reinke, deutsche Pazifistin und Mäzenin in Buenos Aires                                                                                                                                  

Axel Denecke
„Einen Gott, den ‚es gibt‘, gibt es nicht“ (Bonhoeffer)                                    

Freiheit als „Dasein für andere“. Dietrich Bonhoeffer, 3. August 1944 (DBW 8, 558)                                                                                                           

Offener Brief der Arbeitsgruppe „Frieden wagen“ des dbv mit Zustimmung des Vorstands                                                                                                         

IV. Leserbriefe

Klaus-Dieter Höflich
Leserbrief zu Reinhard Müller, „Wer ist Gott?“ oder „Was ist Gott?“, in: Verantwortung Nr. 65.                                                                                        

V. Rezensionen

Friedrich Johannsen
Bernd Vogel: „Alle Angst vor der Zukunft überwunden“
Mit Dietrich Bonhoeffer im Gespräch


Editorial

Verehrte Leserinnen und Leser,

auch 75 Jahre nach der Hinrichtung von Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg lesen wir seine zahlreichen Briefe, Gedichte, Manuskripte und wissenschaftlichen Abhandlungen. Im Dietrich-Bonhoeffer-Verein möchten wir darüber hinaus „christliche[r] Verantwortung in Kirche und Gesellschaft“ „im Sinne des Wirkens von Dietrich Bonhoeffer“ dienen. Wenn wir Bonhoeffer dabei nicht nur im Interesse der eigenen Sache verstehen, sondern aktuelle Herausforderungen tatsächlich im Sinne seines Wirkens bearbeiten möchten, gilt es genau hinzuschauen.

Der Sozialwissenschaftler Oskar Negt mahnt seit Ende der Sechzigerjahre, dass zur Beschreibung aktueller Herausforderungen insbesondere historische Kompetenz vonnöten ist. Denn um die Hintergründe aktueller Entwicklungen und somit die gegenwärtige Situation gehaltvoll beschreiben und verstehen zu können, müsse die Gegenwart als Schnittpunkt von Vergangenheit und Zukunft begriffen werden. Nur auf Basis einer dementsprechend ausgebildeten historischen Kompetenz könne eine Vorstellung der eigenen Zukunft und der zukünftigen Gesellschaft – eine „praktische Utopie“ – entwickelt werden.

Obgleich Oskar Negts Gedanken insbesondere in politikdidaktischen Zusammenhängen rezipiert werden, kann sein Hinweis auf die historische Kompetenz auch uns eine Erinnerung sein, Bonhoeffers Texte nicht ausschließlich in unsere je eigenen Gedanken hineinzulesen. Stattdessen gilt es, die Texte Bonhoeffers vorerst in ihrem jeweiligen Kontext möglichst genau zu verstehen, um sie in einem zweiten Schritt mit den eigenen Perspektiven ins „Gespräch“ zu bringen. Dieses „Gespräch“ ist dann konsequenterweise so zu „führen“, dass die eigene Position nicht in Bonhoeffer aufgeht. Ich meine, dass nur unter dieser Bedingung „etwas Neues geschehen [kann]“ (DBW 8, S. 507).

Wenn Bonhoeffer also tatsächlich nicht hinter, sondern vor uns liegt bzw. liegen soll, dann sind wir dazu angehalten, zunächst zurückzublicken, um erst anschließend den Blick im Kaleidoskop des Gegenwärtigen nach vorne zu richten.

Da die Planung von Veranstaltungen des dbv aufgrund der Pandemie weiterhin dynamisch erfolgen muss, weise ich Sie gerne erneut auf unsere Webseite (www.dietrich-bonhoeffer-verein.de) hin. Dort finden Sie unter „Aktuelles“ die Veranstaltungshinweise und Termine.

Für das kommende Jahr wünsche ich Ihnen und uns die Geduld und historische Kompetenz zur Entwicklung praktischer Utopien in privaten und öffentlichen Kontexten.

Ihr

Tobias Moock